Am 28.12.2017 ging ich gegen 12 Uhr 30 in den Park, in der Hoffnung etwas Zeit zum studieren der dort ansässigen Greifvögel nutzen zu können. Und schon als ich den Eingang des Parks hinter mir gelassen hatte entdeckte ich in der Ferne einen vermeidlichen Bussard auf dem Walnussbaum, der ein bliebter Aussichtspunkt der Vögel zu sein schien. Zaghaft betätigte ich den Power-Knopf meiner Kamera und schoss ein erstes Foto und noch eines.
Eine Aufnahme aus der Ferne sollte fürs Erste genügen, fand ich.
Doch dann kam das bittere Erwachen: SD-Karte nicht eingelegt!
Frustriert verdrehte ich die Augen.
Wenn ich jetzt nach Hause eilte, dann wäre der Bussard mit Sicherheit verschwunden, bis ich zurückkam. Und trotzdem machte ich mich auf den Rückweg.
Vielleicht war der Vogel später trotzdem noch da, ein Versuch wäre es wert.
Doch leider sollte mein Gefühl recht behalten, als ich etwa 15 Minuten später den Park betrat musste ich akzeptieren, dass der Greifvogel nicht mehr anwesend war.
"Vielleicht lässt er sich ja nochmal blicken!" dachte ich und entschloss mich für einen Sparziergang.
Die nächsten 90 Minuten verbrachte ich damit den Park und sämtliche Geräusche und Vogelstimmen genauestens auseinander zu halten. Ich verband mich mit den Rabenkrähen über mir und folgte ihren Flugwegen. Ich befand mich immer genau dort wo sie sich aufhielten. „Wieso bin ich auch so blöd und verlass das Haus ohne SD-Karte in der Kamera?!“ ärgerte ich mich schlussendlich dann doch noch über mich selbst und machte mich langsam auf den Weg nach Hause. Doch plötzlich wurden die Rabenkrähen über mir lauter, hektischer und aus dreien von ihnen wurde plötzlich ein Schwarm von etwa 15 Stück. Sie folgen in Richtung Walnussbaum. Von links und von rechts kommend zogen sie ihre Kreise. Meinen Schritt beschleunigend folgte ich den aufgeregten Rabenkrähen und eilte auf den Baum zu. Da saß er, der vermeintliche Bussard. Die Kamera griffbereit und auf den großen Vogel gerichtet, schoss ich ein Foto. „Jetzt lasst ihn doch in Ruhe und zischt ab!“ rief ich den Rabenkrähen zu und überprüfte währenddessen das Foto auf Brauchbarkeit. Es war etwas geworden, aber irgendwie sah der Bussard nicht wirklich aus wie einer. Komisch, ob es ein weiterer mir unbekannter Greifvogel war? Die Rabenkrähen suchten derweil tatsächlich das Weite auf und der mir fremde Greifvogel und ich blieben allein zurück. „Wer bist du?“ fragte ich leise und schoss ein weiteres Foto. Ich zoomte so stark auf den Vogel, bis ich besonders gut dessen Gefieder unter die Lupe nehmen konnte. Seltsam, diese Punkte auf der Brust. Ich geriet ins Grübeln. Der Greife sah aus wie eine Mischung aus Mäusebussard und Habicht. Irritiert richtete ich die Kamera auf den Rücken des Vogels und schoss das nächste Foto. Das Gefieder ähnelte dem der Habichte, aber ganz sicher nicht dem eines Bussards. Viel Zeit blieb mir mit dem Vogel nicht, denn die Rabenkrähen kehrten zurück und machten ihm das Leben schwer. Als er und sie sich in einen Wettflug verwickelten machte ich mich grübelnd auf den Heimweg. Wen oder was hatte ich da grade fotografiert? Nachdenklich schaute ich mir meine Aufnahmen an. Es konnte kein Mäusebussard sein, so viel stand für mich fest. Das Gefieder am Schwanz war dafür zu kachelig gemustert, erinnerte auf den ersten Blick sogar an das Gefieder einer Taube. Dafür stimmten die Farben jedoch nicht und außerdem verriet der Schnabel des Vogels ganz eindeutig, dass es sich um einen Greifvogel bei dem Tier handelte. So weit käme es noch, dass ich eine Taube nicht von einem Greife unterscheiden kann.
Zu Hause angekommen, googelte ich nach verschiedenen Mäusebussard Morphen (Farbgebung). Keiner der abgebildeten Vögel ähnelte dem Vogel den ich fotografiert hatte. Also doch ein Habicht? Was wenn es sich um einen Jungvogel handelte? Endlich kam ich der Lösung näher, als ich „Habicht Jungtier“ in die Suchleiste eintippte. „Hab ich dich!“ rief ich aus, als ich begriff mit wem ich es zu tun gehabt hatte.
Ein junger Habicht?
Das war grandios.
Ein Jungtier in unserem Park.
Das bedeutete, dass mit hundertprozentiger Sicherheit zwei Habichte und ein Mäusebussard in meiner unmittelbaren Nähe zu Hause waren. Ganze drei Greifvögel in einem unauffälligen Stadtpark. Zwei von ihnen, die Habichte sorgten also täglich dafür, dass kranke Tauben nicht lange leiden mussten? Zwei von ihnen jagten täglich im Dickicht nach Singvögeln? Zwei von ihnen waren so schnell, dass die meisten Menschen sie gar nicht wahrnehmen? Meine Begeisterung wurde immer größer.
Später widmete ich meine Zeit den geschossenen Fotos und verglich den jungen Habicht immer wieder mit dem adulten Vogel. Mir gefielen beide Gefiederkleider gleichermaßen, wobei ich die Musterung des Jungvogels tendenziell etwas schöner fand. Erstaunt las ich im Internet, dass Habichte sich nur in wenigen Städten Deutschlands so nah mit uns Menschen zusammenleben. Köln, Berlin und Saarbrücken sind ihre bevorzugten Großstädte. Ich lebe also in einer Stadt die Habichte als besonders sicher für sich erkannt hatten. Die Nähe zum Menschen suchten sie in den 60er Jahren, so wie ich es verstand hauptsächlich wohl aufgrund der massiven Jagd nach ihnen. In Großstädten konnten sie besser untertauchen. Auf Friedhöfen, in Stadtparks und allgemein. Berichte über die Jagd und Verfolgung der Vögel in der Vergangenheit machten mich nachdenklich. Ich fand es traurig, dass die Habichte aufgrund ihres natürlichen Jagdtriebs getötet wurden, verstand andererseits aber trotzdem auch die Wut der Taubenzüchter, die viel Arbeit und Mühe in ihre Zuchten stecken. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein einziger Habicht diese Arbeit zunichte macht. Da es schon spät war machte ich Schluss mit meinen Nachforschungen und hoffte, als ich mich ins Bett legte, dass ich dem Jungvogel in ferner Zukunft nochmal begegnen würde.
Link zur Fotobeschreibung 1. Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Habicht
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